Bereitschaftsdienste in Burscheid: Stücke wie aus dem Gruselkabinett
Erfahrungen von Senioren in Burscheid mit den Bereitschaftsdiensten von Apothekern und Ärzten klingen nach Stücken aus dem Gruselkabinett. Auch der Vorsitzende der Ärztekammer hält die Regelungen in manchen Kommunen für verbesserungswürdig.
Burscheid. Die Burscheider Senioren diskutieren lebhaft mit Experten über die Bereitschaftsdienste von Ärzten und Apotheken. Die von einigen Gästen geschilderten Erfahrungen mit dem Bereitschaftsdiensten der Ärzte und Apotheker auf dem Stadtgespräch der CDU Senioren Union am Mittwochabend im Hotel Schützenburg glichen Berichten aus dem Gruselkabinett.
Bis zu zwei Stunden Hängen in der Warteschleife bei der Ärztebereitschaftszentrale in Duisburg unter der bundesweiten Rufnummer 116117 waren keine Ausnahmen. Klappt endlich die Verbindung mit dem Callcenter, sind die Auskünfte oftmals mehr als unzureichend. So wurde etwa die Erkrankung einer älteren Dame in Burscheid an einem Samstag zu einem ganztägigen Hindernislauf mit Besuchen in einer Bergisch Gladbacher Klinik, der Uni-Klinik Düsseldorf sowie in einigen Bereitschaftsapotheken zwischen Leverkusen und Wermelskirchen. Die vorgetragenen Fälle hatten eines gemeinsam: Viele, vor allem ältere Bürger sehen in der seit Oktober 2013 eingeführten bundesweiten Regelung des Ärztebereitschaftsdienstes sowie des im Januar 2014 eingeführten neuen Apothekennotdienstes keine Verbesserung. Für die vom Vorsitzenden der Senioren Union (SU), Heinz Wilgenbusch, eingeladene Ärztin und Vorsitzende der Ärztekammer im Rheinisch-Bergischen Kreis, Barbara vom Stein, den promovierten Apotheker Thomas Winterfeld und den Landtagsabgeordneten Rainer Deppe allemal Anlass genug, sich intensiv mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen.
Unglücklich mit Anrufzentrale
Dabei wurden die Nachteile nicht ausgeklammert. Barbara vom Stein: „Mit der Anrufzentrale sind wir nicht ganz glücklich und auch sonst ist manches verbesserungswürdig.“ In ihrem Statement erinnerte sie daran, dass die Kommunen Burscheid, Leichlingen, Wermelskirchen aus gutem Grund zu einem Notdienstbezirk zusammengefasst wurden: „Bisher musste etwa in Burscheid jeder beteiligte Arzt 23 bis 24 Dienste im Jahr übernehmen – in Leverkusen war ein Arzt nur ein bis zweimal an der Reihe.“
Diese Regelung habe zu erheblichen Auswirkungen bei den Praxen im ländlichen Bereich geführt: „Immer weniger junge Ärzte wollen sich engagieren – sie lassen sich dort nieder, wo wenig Dienste anfallen.“ Mittlerweile sei das Anspruchsdenken der Patienten ebenso gestiegen, wie das der Ärzte: Dabei müssten weitere Wege für die Patienten inkauf genommen werden.“ Auf alle Fälle würden die Notfallambulanzen der beteiligten Kliniken in Leverkusen, Solingen, Remscheid und Bergisch Gladbach ihrer Verpflichtung nachkommen – dabei könne die Wartezeit bis zu vier Stunden betragen. Just für Senioren eine lange Zeit. „Der demographische Wandel ist nicht das Problem der Ärzte und Apotheker“, so vom Stein. Entscheidend sei, dass die Versorgung nicht schlechter geworden ist. Unsicherheiten gab es im Forum über die Frage, welche Indikation einen Notfallarzt erfordert. Dazu vom Stein: „Für Herzinfarkte und andere lebensbedrohliche Erkrankungen ist der Rettungswagen unter 112 zuständig.“ Thomas Winterfeld registrierte einen abnehmenden Besuch in den Notdienstapotheken. Er beklagte, dass sein Vorschlag, den er der Apothekerkammer unterbreitet hat, die beiden Bereitschaftsdienste zu koordinieren, bislang erfolglos geblieben ist: „Sinnvoll wäre es, wenn eine Apotheke nahe der Notdienstklinik Bereitschaft hat.“
Für Rainer Deppe („Es wäre schlimm, wenn die Politik noch die Bereitschaftsdienste regeln sollte“) war die lebhafte Diskussion Anlass genug, mit der CDU-Vorsitzenden, Erika Gewehr, erneut über die Einführung einer kreisweiten „Gesundheitskonferenz“ zu reflektieren. Vom Stein appellierte zum Schluss an die Gäste, sich in der Sache verstärkt um ein Ehrenamt zu bemühen: „Dennoch bleibt es ein Wunschdenken, dass die Versorgung im ländlichen Gebiet genau so funktioniert, wie in der Großstadt.“
Leverkusener Anzeiger vom 19. September 2014
Veröffentlicht am 19.09.2014.