Sicherheit und Mobilität

Die individuellen und gesellschaftlichen Sicherheitserfordernisse werden im gesellschaftlichen Alltag in durchaus unterschiedlichen Formen und differenzierten Intensitäten gefährdet, unterlaufen oder beschränkt.

Die akuten Sicherheits- und Mobilitätsbeschränkungen betreffen vor allem die Felder: 

  • Sicherheit, namentlich für Ältere, im persönlichen Bereich und öffentlichen Raum als Patient, Bürger und Verbraucher,
  • Mobilität im öffentlichen und Individualverkehr unter besonderer Berücksichtigung eines bedarfs-, nachfrage- und seniorengerechten ÖPNV.

Sicherheit

  1. Sicherheit vor Kriminalität.

Lange Lebenserfahrung macht Senioren allgemein besonders vorsichtig und sicherheitsbewußt. Dennoch stehen sie manchen Situationen oft hilflos gegenüber. Beispiele dafür sind der sog. Enkeltrick, Haustür-/Telefongeschäfte, betrügerische Trickverkäufe bei Kaffeefahrten, Raub nach Bankbesuch. Neuerdings gehören auch Betrügereien über das Internet dazu.

In diesen Bereichen muß die bewährte Präventionsarbeit der Polizei weiterhin aktiv sein und fortgesetzt werden. Ermittlung und Strafverfolgung sind zu verstärken.

  1. Sicherheit im öffentlichen Verkehrsraum.

Auch der ältere Mensch soll sich als Verkehrsteilnehmer sicher fühlen. Fußgängerüberwege, altersgerechte Schaltzeiten von Ampel sowie Trennung von Fuß- und Radwegen verringern Gefährdungen. Eine erhöhte Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit, in Verkehrsmitteln, wie Bussen und Bahnen und auf Bahnhöfen soll das Sicherheitsgefühl stärken. Fußstreifen, auch in Wohnvierteln, sind unverzichtbar. Videoüberwachung von besonderen Orten und Plätzen sowie ausreichende Straßenbeleuchtung können kriminellen Übergriffen vorbeugen.

  1. Sicherheit im häuslichen Bereich. Umbaumaßnahmen.

Den Gefahren des Alltags im häuslichen Bereich muß mit entsprechenden technischen Einrichtungen begegnet werden. Hierzu gehören u. a. Sicherheitsschlösser an Fenstern und Türen, Rauchmelder, ggf. Nottelefone bzw. seniorengerechte Mobiltelefone, die rollatorgerechte Ausstattung der Wohnungen. Haupt- oder automatische Schalter an Herd und Kochplatte  sollen helfen, Schäden und Gefährdungen zu vermeiden. Zu achten ist auch auf zielgruppengerechte Ausstattung von sanitären Einrichtungen.

Viele dieser Maßnahmen sind mit erheblichen Kosten verbunden, die von einem großen Teil der Senioren nicht aufgebracht werden können. Hier muß eine zielgerichtete Förderung einsetzen. Die Krankenkassen und Wohlfahrtsverbände sind hierbei einzubeziehen. Der Verbleib in einem „sicheren“ häuslichen Umfeld ist bestimmt günstiger als ein teurer Heimplatz. Er beschert den Senioren mehr Freiheit und macht u. U. eine aufwendige Pflege vermeidbar

  1. Wohnen in einem menschengerechten Umfeld

Aufgabe der Kommunen ist es, bei der Stadtplanung auch auf die Bedürfnisse der älteren Generation zu achten. Bei der Gestaltung des Wohnumfelds muß für Erreichbarkeit z. B. des Busses, von Arzt und Apotheke, von Einkaufsmöglichkeiten und so für die Anbindung an das soziale Leben gesorgt werden .In den Ortskernen müssen Möglichkeiten zur Deckung des täglichen Bedarfs , soweit nicht vorhanden, geschaffen bzw. gefördert werden (s. hierzu auch Mobilität Ziff.10)

Mobilität

  1. Individuelle Mobilität der Autofahrer.

Die individuelle Mobilität der Senioren mit dem Auto ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Lebensqualität. Sie erhält ihre Beweglichkeit und verzögert Pflegebedürftigkeit . Ziel der Gesellschaft muß es deshalb sein, die Auto-Mobilität der Senioren möglichst lange zu erhalten. Die Auswertung der Unfallstatistik zeigt, dass Senioren mit Pkw-Fahrerlaubnis eine niedrigere jährliche Unfallrate haben als jede andere Altersgruppe. Offensichtlich kompensieren Senioren etwaige Defizite, indem sie z. B. mit größerer Umsicht fahren,  seltener  bei schlechten Witterungsbedingungen, Dunkelheit oder hoher Verkehrsdichte unterwegs sind.

Gleichwohl ist es notwendig, die Unfallrate auch der Senioren am Steuer weiter zu senken. Altersabhängige  Pflichtüberprüfungen mit dem Ziel, Personen mit entsprechenden Defiziten vom Autofahren fernzuhalten, führen nach internationalen Studien nicht zu einer allgemeinen Verbesserung der Verkehrssicherheit und sind eher kontraproduktiv. Das Alter allein ist kein Kriterium zur Beurteilung der Fahrfähigkeit und zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegte Wege haben höhere Risiken als das Autofahren. Befähigen statt aussondern muss das Ziel sein.

Sinnvoll sind Informations- und Beratungsangebote  über mögliche Beeinträchtigungen älterer Autofahrer und entsprechende Kompensations- und Unterstützungsmöglichkeiten

Wenn die Fahrkompetenz im Alter nachlässt, ist es möglich, sie insbesondere durch geeignetes Training im realen Verkehr wieder auf den Stand jüngerer Autofahrer zu bringen, wie neuere Untersuchungen zeigen.

Schließlich können technische Maßnahmen die Verkehrssicherheit der Auto fahrenden Senioren in Zukunft wesentlich verbessern. Fahrassistenzsysteme und andere intelligente Sicherheitssysteme in den Fahrzeugen in Verbindung mit intelligenten Infrasstruktursystemen bieten dazu ein sehr großes Potenzial. Derzeit bersonders zu empfehlen: automatische Notbremssysteme, Querführungsassistenz und automatische Lichtssysteme.

  1. Mobilität der Radfahrer.

Auch für ältere Radfahrer muss die ungefährdete Teilnahme am Straßenverkehr im Rahmen der Möglichkeiten sichergestellt werden. Soweit nicht schon geschehen, sind entsprechend den örtlichen Gegebenheiten Radwege oder Radspuren anzulegen.

Durch eine stärker auf die Radfahrer ausgerichtete Verkehrsüberwachung ist dafür zu sorgen, dass alle Radfahrer sich an die Verkehrsregeln halten und nicht durch deren heute weitgehende Missachtung gerade ältere Radfahrer und Fußgänger gefährden. Für Wege, die gleichzeitig von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden, ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu erwägen.

Auf den Verkehrswegen müssen auch für Radfahrer die allgemeinen Verkehrsregeln gelten. Die Zulassung oder Duldung der Benutzung von Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung durch Radfahrer stellt eine ernst zu nehmende Unfallgefahr da. Soweit deren Abhilfe mit Umwegen verbunden ist, müssen Radfahrer, die diese Umwege nicht auf sich nehmen wollen, gegebenenfalls absteigen und ihr Rad schieben.

  1. Mobilität für Fußgänger. 

Die Fußwege müssen barrierefrei angelegt sein, damit Gehbehinderte, Rollatornutzer und Rollstuhlfahrer nicht zusätzlichen Behinderungen ausgesetzt sind. Die Fußwege müssen so breit sein, dass auch Rollstuhlfahrer und Rollatornutzer sie unbehindert befrahren bzw. begehen können. Auf keinen Fall dürfen Parkflächen, Straßenrandbepflanzungen, Lampen und Straßenschilder so weit in die Gehwege hineinragen oder so auf diesen aufgestellt sein, dass sich 2 Rollstuhlfahrer nicht mehr begegnen können. Schmale Gehwege sind von allen Hindernissen, auch von Pollern, freizuhalten. Grundsätzlich gilt: Gehwege sind keine Parkflächen und keine Aufstellorte für Schilder, Lampen, Bäume, Hecken usw.

Die Gehwege müssen frei von Schlaglöchern oder sonstigen Stolperfallen, etwa durch herausstehende Platten sein. Der derzeit zulässige Niveauunterschied von 2,5 cm zwischen 2 Platten stellt eine Gefahr gerade für ältere Fußgänger dar. Weit verbreiteter kommunaler Nachlässigkeit ist durch verstärkte Inanspruchnahme der Amtshaftung zu begegnen. 

  1. ÖPNV-Verkehrsnetz.

Der Rheinisch-Bergische Kreis verfügt über ein engmaschiges ÖPNV-Netz mit einer im allgemeinen guten Linienführung, Verkehrsfrequenz und Anbindung an Stadt-, S- und Regionalbahn. So wie sich diese Infrastruktur über Jahre entwickelt und immer wieder verbessert hat, kann und muß sie im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend dem Bedarf weiter entwickelt werden. 

So sollte das Fahrplanangebot auch an Sonn- und Feiertagen ausreichend und flächendeckend vernetzt sein. Ziele, die bevorzugt von Senioren stärker frequentiert werden, wie z. B, Friedhöfe , Parks, Naherholungsgebiete sollten direkt angefahren werden. Einkaufs-, Ärzte- und Verwaltungszentren sollten ohne Linienwechsel direkt erreichbar sein.

Die Taktzeiten sollten auch Seniorenanforderungen gerecht werden..

Der innerstädtische Verkehr ist weiter auszubauen.

  1. Ergänzende Angebote.

Wo das ÖPNV-Angebot an seine Grenzen stößt, etwa in dünn besiedelten Gebieten, müssen ergänzende  Angebote, soweit noch nicht vorhanden, hinzukommen. Als solche bieten sich an:

 

  1. Taxibus (RVK)
  2. Bürgerbus (Burscheid)
  3. Anrufsammeltaxi (Overath).

Unterschiedliche Gegebenheiten erfordern unterschiedliche Lösungen. 

  1. Haltestellen und Bahnhöfe.

Haltestellen sind so auszugestalten, dass sie von Menschen mit Gehhilfen, Rollatoren und Rollstühlen barrierefrei erreichbar sind. Dies gilt auch für die Übergänge von Bus zu Bahn. Die Bahnhöfe sind, soweit nicht schon geschehen, mit Aufzügen zu versehen, damit auch behinderte und ältere Menschen und Menschen mit Gepäck die Züge erreichen können. Das gilt für alle  Bahnhöfe und  auch für die Anschlüsse an Regional- und Fernverbindungen. So ist der Wechsel von der S-Bahn und der RB 25 im Bahnhof Köln-Deutz zum ICE für Ältere, Behinderte und Reisende mit Gepäck fast unmöglich. Die Verweisung von behinderten und älteren Menschen auf einen benachbarten Bahnhof, der über entsprechende Einrichtungen verfügt, ist keine Lösung.

Die Bushaltestellen müssen überdacht sein und Sitzgelegenheiten für wartende Passagiere bieten.

Die Linienführung sollte deutlich erkennbar in den Haltestellen und Fahrzeugen angezeigt werden. Dabei sind insbesondere die Umsteigehaltestellen zu markieren. Die Aushänge an den Haltestellen müssen auch für sehschwache Menschen und auch abends lesbar sein.

Verständliche Lautsprecherdurchsagen sind auch an den Busbahnhöfen einzurichten. 

Bahnhöfe und Haltestellen sind von den Betreibern ständig zu pflegen und zu unterhalten. Dies gilt auch für noch vorhandene Bahnsteigunterführungen. Die heute weithin vernachlässigten und verdreckten Bahnhöfe und Haltestellen locken den Vandalismus gerade zu an und stehen in krassen Gegensatz zur Bahnreklame.

  1. Fahrpläne und Fahrkarten.

Die Fahrpläne sind so zu gestalten, dass Übergänge von Bus zu Bahn, zu den Regional- und Fernverbindungen ohne größere Wartezeiten möglich sind. Es darf nicht vorkommen, dass z. B. ein Zug kurz vor der planmäßigen Ankunft eines Busses abfährt und umgekehrt. 

Dies setzt eine größere Zuverlässigkeit der Fahrpläne voraus. Sie müssen eingehalten werden. Was in der Zeit der Dampftraktion selbstverständlich war, ist mit der Technik von heute noch viel besser erreichbar. Voraussetzung sind die Motivation der Beteiligten und ihre Abkehr von der eingerissenen Nachlässigkeit. Für Notfälle muß der sofortige Zugriff auf einen Plan B sichergestellt werden.

Fahrkartenautomaten müssen standardisiert, barrierefrei erreichbar und ständig funktionsbereit sein. Die Bedienung muß einfacher und verständlicher werden. Dabei könnte auch die Aufhebung des herrschenden Tarifwirrwarrs durch eine Straffung des Tarifsystems, z. B. wie in Berlin oder Paris, hilfreich sein. Die Sprachfunktion der Automaten ist  herzustellen bzw. zu ergänzen

Die vorherige bzw. frühe Buchung von Fahrkarten muß auch für Nicht-Internetnutzer  vereinfacht werden, insbesondere durch Telefonbuchung. Fahrkarten müssen ohne zusätzliche Gebühr auch im Zug gelöst werden können.

Das Angebot von Tages-, Monats- und Netzkarten für Senioren ist zu erweitern.

  1. Die Fahrzeuge.

In Bussen und Bahnen sollen mobilitätseingeschränkte Menschen barrierefrei ein- und aussteigen können. Die Beförderung von Elekrostühlen muß grundsätzlich möglich sein.

Die Möglichkeit der Taxianforderung in Bussen und Bahnen muß, soweit nicht schon geschehen, vorgesehen werden.

  1. Bedarfsanalyse.

Es sollen eine Bedarfsanalyse, eine Erhebung der Verbraucherstruktur sowie eine Prioritätenliste, was die Älteren gern tun, wofür sie das Auto nutzen und welche Anforderungen sie an den ÖPNV stellen, erstellt werden.

  1. Mobilitätsversorgung.

Statt abstrakter Daseinsvorsorge ist eine konkrete Mobilitätsversorgung erforderlich

- Mobilitätsversorgung als zunehmend wichtiger werdender Standortfaktor im interkommunalen Wettbewerb.

- Ohne Mobilitätsversorgung ziehen bzw. bleiben auch Ältere fort, wenn Versorgungseinrichtungen  vor Ort fehlen und wenn der Mobilitätsaufwand, um adäquate Plätze bzw. Orte zu erreichen, zeitlich und/oder finanziell zu hoch ist. 

Mit Mobilitätsversorgung kann man Wohnstandorte sichern, vermarkten und ausbauen. 

Ansprechpartner für Sicherheit und Mobilität

  1.  Seniorenbeirat und Pflege- und Seniorenberatung als Kümmerer (Ombudsman).

In verstärktem Maße sollen die Seniorenbeiräte in Zusammenarbeit mit der Pflege- uns Seniorenberatung (Seniorenbüro) für die Älteren nicht nur in Fragen der Pflegeversicherung , sondern in allen Fragen, in denen sie auf Hilfe angewiesen sind, Ansprechpartner,  Anlaufstelle sein, so z. B.

- bei der Beratung über Ansprüche und Unterstützungsmöglichkeiten,

- beim Hinführen zu den zuständigen Stellen (Lotsendienst),

- beim Ausfüllen der zumeist gerade ältere Menschen überfordernden Formulare,

- bei der Vermittlung von Dolmetscherdiensten,

- in Fragen der Sicherheit

-  in Verkehrsfragen

Die Erfüllung dieser Aufgaben, ihre Weitergabe und Realisierung in der Verwaltung ist Sache der Pflege- und Seniorenberatung zusammen mit dem Seniorenbeirat. Das derzeitige Bürgerbüro reicht hierfür nicht aus; ggf. muß es, in Zusammenarbeit mit Pflege- und Seniorenberatung und Seniorenbeirat, ausgebaut werden

       2.   Voraussetzungen für die Zusammenarbeit.

Voraussetzung hierfür sind:

- enger Kontakt zwischen Pflege- und Seniorenberatung  und der Seniorenbeiratsmitgliedern,

- gegenseitige laufende Informationen über Hilfeanforderungen und –aktivitäten,

- ständiger Austausch im Seniorenbeirat mit dem Ziel der Optimierung der Kümmererfunktion,

- Mitwirkung in der ÖPNV-Runde (s. unten)

      3.   Die Aufgaben des Seniorenbeirats 

Soweit erforderlich, ist die Stellung des Seniorenbeirats auszubauen. Er berät Rat und Verwaltung in Fragen der Seniorenpolitik und ist von diesen vor jeder entsprechenden Maßnahme zu hören. Seniorenpolitik ist gesellschaftliche Strukturpolitik

Auch darüber hinaus hat der Seniorenbeirat die Aufgabe, Vorschläge zu machen und Forderungen zu stellen. Der Seniorenbeirat ist vor alle

- Berater von Rat und Verwaltung,

- von Rat und Verwaltung zu hörende Einrichtung vor Durchführung von die Senioren betreffenden Maßnahmen,

- Anlaufstelle für die Senioren

- Bindeglied zwischen den Senioren und der Pflege- und Seniorenberatung

- Einrichtung zur Beratung und Kontrolle der Pflege- und Seniorenberatung.

  1.   Kompetenzteam.

Die Einrichtung eines Kompetenzteams zur Unterstützung von Pflege- und Seniorenberatung und Seniorenbeirat bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollte mittelfristig ins Auge gefaßt werden.

 5.     ÖPNV-Runde.

Eine ständige ÖPNV-Runde ist einzusetzen. An ihr sind zu beteiligen:

- die Verkehrsteilnehmer (einschließlich Vertreter der Seniorenbeiräte),

- die ÖPNV-Betreiber (einschließlich SPNV),

- Kreis und Kommunen.